Forschung

Forschungsprojekt

Antragsteller: Professor Dr. Matthias Schloßberger
Fachliche Zuordnung: Geschichte der Philosophie
Förderung: seit 2022
Projektkennung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 469960485
Zur Projekthomepage: http://konschel.org/

Beschreibung
Die gegenwärtige Konjunktur von Schelers Philosophie ist von einer Neubewertung seiner grundlegenden Beiträge zur Theorie der Intersubjektivität, zur Philosophie der Gefühle und zur Theorie der Werte getragen. Viele Neuinterpretationen sehen in Scheler jedoch keinen isolierten Denker, sondern verstehen ihn als einen Autor der frühen Phänomenologie, deren Denkbewegungen man nur aus Konstellationen heraus verstehen kann. Die Antragsteller teilen diese Perspektive, sind aber der Ansicht, dass bei diesen Konstellationen auch der eminente französische Einfluss auf Scheler zu berücksichtigen ist. Scheler stand mit vielen französischen Autoren in Kontakt, hat aber nicht nur vieles aufgenommen, sondern auch selbst eine bemerkenswerte Wirkung in Frankreich entfaltet, die wesentlich für die Etablierung der Phänomenologie in Frankreich war. Wie kam es zu dieser Wirkung Schelers in Frankreich? Vielleicht kann nur eine Verknüpfung verschiedener Faktoren diese Wirkung erklären. Man muss darüber hinaus die Anziehungskraft des public intellectuals Scheler, der durch seine brillanten Zeitdiagnosen bestach, beachten, wenn man erklären will, wie die Phänomenologie nach Frankreich kam. Ziel des Projektes ist es, die gegenwärtige Forschung zur Entwicklung von Schelers Denken und seiner Rezeption, die in Deutschland und Frankreich besonders stark ist, noch stärker zu vernetzen, um die deutsch-französischen Konstellationen Schelers zu verstehen.Grundthese der Konstellationsforschung ist die Annahme, dass sich ein Denken nur in seinen Beziehungen zu anderen verstehen lässt. Für unseren Kontext bedeutet das (1) eine Beschäftigung mit Schelers unmittelbarem Umfeld, das sich rekonstruieren lässt durch die Einbeziehung von Briefen, Vorträgen und Vorlesungen und den spezifischen sehr unterschiedlichen Milieus der Zeitschriften, in denen Scheler veröffentlicht hat. (2) Viele wichtige Spuren für eine Konstellationsforschung befinden sich in unveröffentlichten Materialien des Nachlasses. Der Ansatz der Konstellationsforschung macht es daher notwendig, die inhaltlichen Fragen unseres philosophiegeschichtlichen Projektes mit editorischen Projekten zu verbinden. (3) Konstellationsforschung will nicht nur den Autor eines Textes in seinem Umfeld, sondern seine Denkbewegungen in seinem Umfeld rekonstruieren. (4) Die Entwicklung von Denkbewegungen lässt sich besonders gut anhand der Entwicklung von Texten rekonstruieren, die immer wieder ergänzt und umgearbeitet worden sind. Die historisch-kritische Edition von Texten ist also eine Bedingung der Möglichkeit einer umfassend ansetzenden Konstellationsforschung. Unser systematisches, philosophiehistorisches Projekt soll daher mit dem Aufbau einer digitalen Datenbank verbunden werden. Diese könnte zugleich ein Ausweg aus der vielfach beschriebenen desolaten Textlage von Schelers Gesammelten Werken darstellen. Das Material soll auf einer Website so aufbereitet werden, dass es frei zugänglich ist (open access).

DFG-Verfahren: Sachbeihilfen
Internationaler Bezug: Frankreich, Russische Föderation
Partnerorganisation: Agence Nationale de la Recherche / The French National Research Agency
Mitverantwortliche: Professor Dr. Gerald Hartung; Dr. Christian Sternad; Professorin Dr. Ingrid Vendrell Ferran
Kooperationspartner: Professor Dr. Olivier Agard; Professor Dr. Mikhail Khorkov

Laufende Promotionen

Natur, Mensch und Natur des Menschen: Eine anthropologische Perspektive auf die Naturvorstellungen der antiken griechischen und modernen europäischen Philosophie.

Das Promotionsprojekt beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung des Naturbegriffs in der antiken griechischen und modernen europäischen Philosophie. Ziel des Projektes ist es, eine kritische Perspektive auf die ökologischen und ökophilosophischen Debatten der Gegenwart zu erarbeiten. Im Hintergrund stehen die problematischen Dichotomien wie "Natürlichkeit-Künstlichkeit", "Natur–Kultur" sowie das generelle Problem eines Anthropozentrismus in der Philosophie.

Charakterologische Standpunkte - Ein problemgeschichtlicher Beitrag

Sowohl die etwas antiquiert anmutende Rede vom Charakter eines Menschen als auch die moderne von seiner Persönlichkeit stellt uns vor erkenntnistheoretische und ontologische Probleme. Was ist das eigentlich und wie können wir (sinnvoll) Aussagen darüber treffen? Das Projekt nähert sich diesen Problemen über die Auseinadersetzung mit vier Autor*innen aus dem Umfeld des Jahrbuchs für Charakterologie und der phänomenologischen Bewegung die unterschiedlicher kaum sein könnten: 
Ludwig Klages, Alexander Pfänder, Emil Utitz und Else Voigtländer. Es soll sowohl einen Beitrag zu einem der zentralen Probleme der Philosophie der Psychologie als auch zur Geschichte der Phänomenologie dastellen.

Über Gegensätzlichkeit: Eine sprachphilosophische, phänomenologische und sozialphilosophische Untersuchung

Tag~Nacht, Groß~Klein, Schwarz~Weiß, Körper~Geist, Frau~Mann sind alles Wortpaare, mit denen wir auf die ein oder andere Weise Welt und Wirklichkeit ordnen und verstehen. Gerade der Eindruck einer gewissen Gegensätzlichkeit scheint den Paaren dabei einen grundlegenden, wesenhaften Charakter zu verleihen. Was ist diese Gegensätzlichkeit, die diesen ansonsten so verschiedenen Paaren gemein zu sein scheint, woraus schöpft sich ihre unmittelbare Überzeugungskraft im Ordnen und Verstehen von Welt und Wirklichkeit?

Im Rahmen meiner Promotion werde ich mich zum einen mit bereits bestehenden theoretischen Ansätzen über Gegensätze bzw. Gegensätzlichkeit auseinandersetzen. Zum anderen möchte ich eine eigene Perspektive auf Gegensätzlichkeit als sprachlich-leiblich verankertem und kulturell ausgeformtem Phänomen entwerfen. Insbesondere möchte ich so zur Kritik und Transformation bestimmter etablierter, aber möglicherweise nicht notwendiger Dualismen wie Frau~Mann, Natur~Kultur, Körper~Geist beitragen.

Kritik an Kritik. Vom Postmodernismus zur Neuen Rechten und Postfaktizität?

Ausgehend von der Frage, wie Begriffe der Wahrheit, Wirklichkeit, Normativität gefasst, destruiert, situiert werden, untersucht das Dissertationsvorhaben ´postmoderne` relativistische Positionen, postfaktische Phänomenen und (neu)rechte Entwicklungen. Das Projekt fragt aus der Perspektive der Gegenwart genealogisch nach zwei Entwicklungssträngen, deren gemeinsamen Ausgangspunkt das links-progressive Denken der sogenannten Postmoderne bildet. Es setzt sich mit der Herausbildung einer aufstrebenden völkisch-konstruktivistisch argumentierenden Neuen Rechten und der Genese postfaktischer Narrationen auseinander. Vor diesem Hintergrund verfolgt die Arbeit Kritik an postmoderner Kritik und des ihr eigenen Relativismus, aus der die Forderung nach einer Hinwendung zu einem (neuen) Realismus erwächst.

Prof. Dr. Matthias Schloßberger

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Raum: HG 068