Forschung
Laufende Forschungsprojekte
Digitales Archiv jüdischer Autorinnen und Autoren in Berlin 1933–1945 (DAjAB) Prof. Dr. Kerstin Schoor Forschungs- und Digitalisierungsprojekt |
|
Projektzeitraum | 2014 – 2017 (1. Förderphase), 2018-2021 (2. Förderphase), seit 2021 (Abschlussphase) |
Beschreibung | Mit dem inhaltlichen Aufbau und der strukturellen Implementierung eines Digitalen Archivs jüdischer Autorinnen und Autoren in Berlin 1933–1945 (DAjAB) an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) setzt der Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration seine Bemühungen um die Dokumentation der Verfolgung jüdischer Autorinnen und Autoren innerhalb Deutschlands während der Zeit des Nationalsozialismus auf virtueller Ebene wie in einschlägigen Forschungsarbeiten fort. Gestützt durch einen institutionellen Verbund des Lehrstuhls mit der Universitätsbibliothek (UB) und dem Informations-, Kommunikations- und Multimediazentrums (IKMZ) der Europa-Universität Viadrina, der Universitätsbibliothek der Freien-Universität Berlin, dem Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg (seit 2016) und dem Archiv sowie der Bibliothek des Jüdischen Museums Berlin, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar, der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt am Main (seit 2019), der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt am Main (seit 2020), dem BMBF-Projekt DARIA-DE/TextGrid und der darin federführenden Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und dem Konrad Zuse-Institut Berlin (ZIB) wird das DAjAB überlieferte Texte verzeichnen und bewahren sowie einschlägige Sekundärliteratur präsentieren. Ziel des Projektes ist es, ein Portal zu etablieren, das in über 1.000 Bio-Bibliographien die nach 1933 in Berlin lebenden Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft erstmals in einem thematischen Schwerpunkt erfasst. Auf einer online zugänglichen Plattform werden seltene, nach 1945 nicht wieder aufgelegte Primärtexte (Bücher, Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge) und Originaldokumente, Fotos und Interviews für Forschung und Lehre bereitgestellt. Das DAjAB wird als Gesamtprojekt mit seinen umfassenden Recherchemöglichkeiten innerhalb der erfassten Bestände über interne Verlinkungen sowie nach außen – zu internationalen Institutionen und Archiven – den seit Jahrzehnten betriebenen Forschungen zur Literatur des Exils, zur Literatur der sogenannten „Inneren Emigration“ und der NS-Literatur eine Erschließung von Dokumenten und Zeugnissen des literarischen Lebens von Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft, ihrer kulturellen und literarischen Aktivitäten im nationalsozialistischen Berlin vergleichend zur Seite stellen. Es soll unter bibliothekarischen, archivarischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten ein neues literarisches Feld für Forschung und Lehre in einer virtuellen Forschungsumgebung erschließen und international zugänglich machen. Einschlägige Forschungs- und Qualifizierungsarbeiten im Forschungsfeld sind Teil des Projektes, die hier auch digital veröffentlicht werden können. Das DAjAB stellt damit einen beispielhaften Brückenschlag zwischen Archiv, Bibliothek, Wissenschaftsplattform, Forschungskooperation und Lehrplattform dar. Es ist als Forschungs- und Digitalisierungsprojekt seit 2016 in die Forschungen im Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg integriert. Das DAjAB richtet sich an alle interessierten WissenschaftlerInnen sowie an eine breitere Öffentlichkeit und ist als eine offene Wissenschaftsplattform konzipiert. |
Promotionen | Tobias Bargmann: Der Morgen (1925–1938) – Ein geistiges Forum des deutschen Judentums (Diss., laufend) Uta Esther Hadad: Vergessene Orte deutsch-jüdischer Kultur: Das Schicksal der jüdischen Bibliotheken Berlins und ihrer Bestände (Diss, laufend). Kathrin Stopp: Selbst-Bestimmung unter Zwang: Geschlechterdiskurse im Israelitischen Familienblatt 1933–1938 (Arbeitstitel) (Diss., laufend). |
Bachelor-/ Masterarbeiten | Jessica Wolff: Selbstbestimmung unter Zwang: Von akkulturierter Bürgerlichkeit zum bejahenden Judentum in Herbert Friedenthals Roman "Die unsichtbare Kette" (1936) (BA-Arbeit, 2024) Franziska Schurr: „Zwischen literarischer Moderne und NS-Kulturpolitik: Rilke-Rezeption in deutsch-jüdischen Kulturkreisen nach 1933“ (MA-Arbeit, 2020) Vivien Piayda: Die Berichterstattung der Jüdischen Rundschau 1933-1938 (BA-Arbeit, 2019) Nadine Kern: Widerständiges Erzählen von Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft im NS-Deutschland: Mala Laasers Erzählung „Die unruhigen Tage…“ (1937) und Herbert Friedenthals Novelle „Salomon Maimon“ (1938) (MA-Arbeit, 2018) Eva Beinecke: "'Dem Leben abgelauscht’ – Zu Leben und Werk der deutsch-jüdischen Autorin Meta Samson“ (MA-Arbeit, 2018) Katrin Stopp: "Das Werk der deutsch-jüdischen Publizistin Bertha Badt-Strauss - ein Emanzipationskonzept" (MA-Arbeit, Nov. 2015) Anja Riedl: "Leben im Transit. Martin Beradts Roman 'Beide Seiten einer Straße'" (BA-Arbeit, Jan. 2015) Nadine Kern: „Jüdische Identitäten im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und Fremdzuschreibung am Beispiel Leo Hirschs Fortsetzungsroman Die letzte Station“ (BA-Arbeit, März 2014) Miryia Kichatayam: „Literarische Figurationen von Widerstand im Exil. Rudolf Franks Roman ‚Fair Play oder Es kommt nicht zum Krieg: Roman einer Emigration in Wien’ (1937/1998)“ |
Publikationen | Kerstin Schoor: „Unser Haus brennt...“ – Der Topos vom ’Haus‘ im Kontext der Emanzipations- und Abwehrdiskurse in der C.V.-Zeitung von 1922 bis 1938, in: Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Anwalt zwischen Deutschtum und Judentum, hrsg. von Rebekka Denz und Tilmann Gempp-Friedrich, Berlin/Boston: de Gruyter Oldenbourg 2021, S. 229-249.Kerstin Schoor: The Crisis of Enlightenment: Cultural and Literary Discourses on Traditions of German Culture within Jewish Cultural Circles in National Socialist Germany, in: LBI Yearbook 2020, London. Kerstin Schoor: סופרות וסופרים יהודים בגרמניה הנאצית: פרק נשכח בתולדות הספרות הגרמנית(sofrot ve-sofrim yehudim be-germania ha-natsit: perek nishkah be-toldot ha-sifrut ha-germanit [Jüdische Autorinnen und Autoren im nationalsozialistischen Deutschland: Ein vergessenes Kapitel in den Geschichten deutschsprachiger Literatur], mit umfangreichem Dokumentenanhang, in: Yad Vashem Publications, Jerusalem: Carmel Publishing House, 2019. Kerstin Schoor: „Goethe“-Rezeption im Kontext jüdischer Kulturdebatten der 1930er Jahre im NS-Deutschland, in: Wegweiser und Grenzgänger. Studien zur deutsch-jüdischen Kultur- und Literaturgeschichte. Festschrift für Mark Gelber, edited by Hans Otto Horch, Vivian Liska, Malgorzata Maksymiak, and Stefan Vogt, Schriftenreihe des Centrums für Jüdische Studien der Universität Graz, Vienna, Cologne, Weimar: Böhlau-Verlag, 2018, S. 59-72. Kerstin Schoor: ‚Goethe‘ als Paradigma kultureller Ausgrenzung und Selbst-Bestimmung im jüdischen Kulturkreis seit 1933 im NS-Deutschland, in: Anna-Dorothea Ludewig, Steffen Höhne (Hrsg.): Goethe und die Juden – Die Juden und Goethe. Beiträge zu einer Beziehungs- und Rezeptionsgeschichte, Berlin/Boston: de Gruyter, 2018, S. 255-272. Kerstin Schoor: Deutsch-jüdische Literatur im nationalsozialistischen Deutschland, in: Handbuch der deutsch-jüdischen Literatur, hrsg. v. Hans Otto Horch, Berlin, Boston: de Gruyter Oldenbourg 2015, S. 164-188. Regina Nörtemann (Überarb. zusammen mit Johanna Egger): Gertrud Kolmar: Briefe. Hg. von Johanna Woltmann. Göttingen. Wallstein Verlag 2014. Kerstin Schoor: (Re-)lectures littéraires de Berlin dans les textes d’auteurs juifs sous l’Allemagne nazie ou en exil!: la recherche de nouveaux points d’ancrage d’une identité culturelle, in: Berlin et les juifs. Mythes et réalités, Editions de l'Eclat, Paris 2014; S. 103-116. Andree Michaelis: Nachbarn in der Fremde. Hans Keilsons ‚Da steht mein Haus’ im Horizont kanonischer Erinnerungsbücher von Überlebenden der Shoah, in: Ulrike Weymann/ Simone Schröder/ Martin Andreas Widmann (Hrsg.): „die vergangene Zeit bleibt die erlittene Zeit.“ Untersuchungen zum Werk von Hans Keilson, Würzburg: Königshausen & Neumann, 2013, S. 223–238. Regina Nörtemann: Kolmar übersetzen. Studien zum Problem der Lyrikübertragung. Hrsg. von Regina Nörtemann und Vera Viehöver. Göttingen: Wallstein Verlag 2013. Regina Nörtemann: Gertrud Kolmars Geschichtslyrik. In: Geschichtslyrik. Ein Kompendium. Herausgegeben von Heinrich Detering und Peer Trilcke unter Mitarbeit von Hinrich Ahrend, Alena Diedrich und Christoph Jürgensen. Göttingen 2013, S. 920-947. Regina Nörtemann: Übersetzte Libellen, Käfer, Hyänen und anderes „ekles Geziefer“. Translationsvorgänge in Tiergedichten Gertrud Kolmars. In: Regina Nörtemann, Vera Viehöver (Hrsg.): Kolmar übersetzen. Studien zum Problem der Lyrikübertragung. Göttingen 2013, S. 87-103. Kerstin Schoor: Vom literarischen Zentrum zum literarischen Ghetto. Deutsch-jüdische literarische Kultur in Berlin zwischen 1933 und 1945. Göttingen: Wallstein 2010. Kerstin Schoor: Zwischen Rassenhass und Identitätssuche: Deutsch-jüdische Literarische Kultur im nationalsozialistischen Deutschland, hrsg. und eingel. von K. Schoor, Göttingen: Wallenstein 2010. |
Projektteam | Prof. Dr. Kerstin Schoor (Projektleiterin) Doris Maja Krüger, MA (Projektkoordinatorin) Susanne Kather, Dipl.- Pol. (Politikwissenschaftlerin) Caroline Bautzer, BA (WHK) Ehemalige Nils Alberti , Dipl.-Inf. (Informatiker, 2014-2023)
|
Kooperationspartner | Archiv und Bibliothek des Jüdischen Museums Berlin BMBF-Projekt DARIA-DE/TextGrid und der darin federführenden Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main (DNB) Deutsches Literaturarchiv Marbach am Neckar (DLA) Informations-, Kommunikations- und Multimediazentrum (IKMZ) der Europa-Universität Viadrina Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt am Main Universitätsbibliothek der Europa-Universität Viadrina |
Video: Digitales Archiv jüdischer Autorinnen und Autoren in Berlin 1933-1945
Vom Büchermachen im Exil: Die deutsche Abteilung des Amsterdamer Allert de Lange Verlags im Briefwechsel mit ihren Autoren (1933–1940) (3-bändige Briefedition) Prof. Dr. Kerstin Schoor |
|
Projektzeitraum | seit 2017 |
Beschreibung | Die deutsche Abteilung des Amsterdamer Allert de Lange Verlags, deren Schriftwechsel mit ihren Autoren die geplante Briefedition dokumentieren soll, konnte zwischen 1933 und 1940 insgesamt 91 Bücher von 49 Autoren herausgeben, darunter Schriftsteller wie Bertolt Brecht, Max Brod, Joseph Roth, Stefan Zweig, Sigmund Freud, Egon Erwin Kisch u.a. Mit diesem Verlagsprogramm gehörte das Unternehmen zu den sechs der über 800 Verlage deutschsprachiger Exilliteratur in 36 Ländern der Welt, die in der Zeit ihres Bestehens mehr als 50 Titel veröffentlichten.
Die Briefedition wird damit nicht nur als Dokumentation der Geschichte eines bedeutenden niederländischen Verlagshauses oder einzelner Autorenkorrespondenzen interessant, sondern ist bedeutsam für die Geschichte der Buchproduktion im Exil überhaupt. Die Briefe zeigen in einer beeindruckenden Vielfalt ein Stück jener geistigen Entstehungsprozesse, die zu schöpferischen Leistungen führten, machen Charaktere, Verhaltensweisen, Lebensumstände der Autoren sichtbar, sind in wenigen, eindrucksvollen Briefen auch ein Schlüssel zum Verständnis ihrer Arbeiten, verdeutlichen nicht zuletzt Ziele, Programme, wirtschaftliche Zwänge der Verlage und geben in ihrer Gesamtheit Zeugnis von einem Teil der literarischen wie politischen Geschichte Europas. |
Projektteam | Prof. Dr. Kerstin Schoor Jessica Wolff (wissenschaftliche Hilfskraft) |
Erkundungen eines europäischen Kulturraums: Deutschland, Polen und die Ukraine im zeitgenössischen literarischen Migrationsdiskurs Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk / Dr. Ryszard Kupidura Gefördert durch Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung |
|
Projektzeitraum | 2021-2024 |
Beschreibung | Das Projekt greift Herausforderungen für Europa auf, die im Zusammenhang von aktuellen massiven Migrationsbewegungen entstanden sind. Das Forschungsvorhaben untersucht literarische Darstellungen von Migrationserfahrungen der Bevölkerungsgruppen, die zwischen Polen, Deutschland und der Ukraine wander(te)n. Diese Migrationsprozesse, die über Jahrhunderte hinweg dauern und heutzutage eine neue Phase von Intensivierung erreichen, prägen wesentlich die gegenwärtige politische, soziale und kulturelle Situation in dieser europäischen Region.
Das Ziel des Projekts ist es, anhand repräsentativer Texte, die nach 1989/1991 in verschiedenen sprachlich-kulturellen Kontexten verfasst wurden und über Migrationsbewegungen zwischen Deutschland, Polen und der Ukraine berichten, kulturelle Modelle und ästhetische Strategien zu untersuchen, die für literarische (Um)Kartierungen dieser europäischen Region verwendet werden. Das Projekt besteht aus vier Teilen. Im Mittelpunkt des ersten Teils stehen die Erfahrungen von Migration, Diaspora und Zugehörigkeit in literarischen Texten, die von in Deutschland lebenden Autor*innen polnischer Herkunft verfasst wurden. Der zweite Teil ist den literarischen Darstellungen der ukrainischen Migrationserfahrung in Polen gewidmet, hauptsächlich in der Periode zwischen 2013/2014 und 2020. Im dritten Teil wird die Topografie Europas in den zeitgenössischen deutschsprachigen Familiengeschichten erforscht, die aus einer (post-)migrantischen Sicht erzählt werden und mit dem ukrainischen und dem polnischen Raum verbunden sind. Im vierten, abschließenden Teil sollen mithilfe der vergleichenden Analyse des deutschen, polnischen und ukrainischen literarischen Migrationsdiskurses die zentralen Modelle und Strategien der Erkundungen des europäischen Kulturraums untersucht werden. |
Projektteam
|
Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk (Projektleiterin) Dr. Ryszard Kupidura (Projektleiter) Ehemalige: Dr. Kirsten Möller (Projektleiterin) |
Der Ukraine-Diskurs in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur: interkulturelle Begegnungen – verflochtene Erinnerungen – transkulturelle Potenziale Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk |
|
Projektzeitraum | 1. Phase: 2023-2024 (Vorarbeiten und Vorbereitung des Antrags) |
Beschreibung | Das Projekt befasst sich mit Ukraine-Repräsentationen in Werken von zeitgenössischen deutschsprachigen Autor*innen. Der Untersuchungsfokus liegt dabei auf den inter- und transkulturellen Aspekten der literarischen Auseinandersetzungen sowie auf der Spezifik aktueller deutschsprachiger kultureller Reflexionen über die Ukraine.
Das Vorhaben setzt sich das Ziel, anhand der fiktionalen und nicht-fiktionalen Textbeispiele die Spezifik und Dynamik der Entwicklung des Ukraine-Diskurses in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur aus einer inter- und transkulturellen Perspektive zu erforschen. Das Projekt wird sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen: 1) Welche politischen, historischen und kulturellen Potenziale für die kulturelle Aufarbeitung der ukrainischen Geschichte und Gegenwart weist der Ukraine-Diskurs in der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur auf? 2) Welche interkulturellen Differenzen, kulturgeographischen Muster, Topoi und imagologischen Stereotype lassen sich an der aktuellen literarischen Ukraine-Rezeption im deutschsprachigen Raum erkennen? 3) Wie transformieren sich Ukraine-Bilder und ästhetisch-sprachliche Darstellungsmittel unter Einfluss von inter- und transkulturellen Erfahrungen in Werken deutschsprachiger Autor*innen mit ukrainischem (post)migrantischem Bezug? Das Projekt gliedert sich in drei Teile. Im ersten sollen fiktionale und nicht-fiktionale literarische Reisen in die Ukraine nach 1989/1991 unter dem Aspekt der interkulturellen Begegnungen untersucht werden. Im zweiten Teil wird das Ukraine-Narrativ in den Werken von deutschsprachigen Autor*innen mit ukrainischen (familiären) Migrationserfahrungen analysiert. Dabei treten verflochtene Erinnerungen sowie das Zusammenwirken zwischen „ukrainischem Stoff“ und durch die deutschsprachige Literatur geprägte Erzählmuster in den Vordergrund. Im dritten Teil werden transkulturelle Potenziale des Ukraine-Diskurses in den fiktionalen Texten, Tagebüchern und Essays ausgelotet, die den Krieg im Kontext transkulturellen Schreibens reflektieren. |
Projektteam | Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk (Projektleiterin, EUV, Frankfurt/Oder) |
Abgeschlossene Forschungsprojekte
Die Ukraine als Palimpsest: deutschsprachige Literatur und ukrainische Welt von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk Gefördert durch Fritz Thyssen Stiftung |
|
Projektzeitraum | 2016-2018 (Erstbewilligung); 2018-2019 (Folgeantrag); 2020-2023 (Abschlussphase) |
Beschreibung | Anhand der repräsentativen fiktionalen und nicht-fiktionalen Texte werden im Rahmen des Projektes die Bilder der multinationalen Ukraine erforscht und die bedeutendsten Entwicklungstendenzen der Ukraine-Rezeption in der deutschsprachigen Literatur ergründet. Als basale Elemente der literarischen Ukraine-Konstruktionen gelten dabei die „(post)habsburgische“ und die „(post)russische“/“(post)sowjetische“ Rezeptionstraditionen, die sich seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der deutschsprachigen Literatur entwickelten und die heutigen literarischen Ukraine-Darstellungen immer noch wesentlich prägen. Die zentralen Rezeptionsperspektiven werden durch die Einbeziehung der Werke von zwei Autor*innengruppen erforscht. Zur ersteren zählen jene Schriftsteller*innen, welche die Ukraine als ein „fremdes“ bzw. “anderes“ Land erkunden. Zur zweiteren gehören die aus den ukrainischen Regionen stammenden Autor*innen, die ihre „kleine Heimat“ durch das Prisma der eigenen Migrationserfahrungen reflektier(t)en. Neben den traditionellen Ukraine-Repräsentationen, die aus der vorangehenden literarischen Rezeption hinlänglich bekannt sind, werden auch literarische Inszenierungen von neueren Topoi des aktuellen Ukraine-Diskurses untersucht. Der Forschungsfokus richtet sich dabei auf die durch Palimpsest-Metapher zusammengefassten Überlappungen verschiedener Darstellungs- und Kartierungsmuster im literarischen Ukraine-Bild, das im Spannungsfeld zwischen Erinnerung und Erfindung steht.
Im Rahmen der Untersuchung werden vier Phasen der Entwicklung der literarischen Ukraine-Rezeption im deutschsprachigen Raum erforscht. Diese Phasen wurden durch den sich verändernden politischen Status der ukrainischen Territorien bestimmt und sind durch die Dominanz gewisser literarischer Konstruktionen des ukrainischen Raums gekennzeichnet. Die erste Phase umfasst die Periode von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die in der deutschsprachigen Literatur eine spektakuläre Entdeckung des ukrainischen Raums als einer „anderen Welt“ mit sich brachte, bis zum Anfang des Ersten Weltkriegs, welcher der bis dahin stabilen politischen Konfiguration des ukrainischen Territoriums ein jähes Ende setzte. In dieser Periode war der ukrainische Raum, der durch eine Grenze zwischen Österreich-Ungarn und dem zaristischen Russland determiniert war, für deutschsprachige Autoren das Synonym für ein Randgebiet beider Imperien. Die zweite Phase bezeichnet die Zeitspanne zwischen 1914 und 1945, die sich durch zahlreiche Umgestaltungen des ukrainischen Raums auf politischen Landkarten charakterisiert. In der deutschsprachigen literarischen Ukraine-Rezeption dieser Zeit wird das Konzept des Grenzlandes dominierend, das in der Thematik des Zerfalls alter Imperien, des Scheiterns alter Weltordnungen, des Epochenumbruchs und der Entstehung neuer Staaten verankert ist. Als dritte Phase wird im Forschungsprojekt die Periode zwischen 1945 und 1991 betrachtet, als die ehemaligen habsburgischen und russländischen Territorien in den Grenzen der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik endgültig vereinigt wurden. In dieser Zeit werden die Thematisierungen verschiedener Katastrophen (Holocaust, Zweiter Weltkrieg, stalinistische Repressionen, politische und ethnische Gewalt, Nuklearkatastrophe von Tschernobyl usw.) und die nostalgische Beschwörung der Habsburger Idylle in den deutschsprachigen literarischen Repräsentationen des ukrainischen Raums tonangebend. Diese Tendenzen werden im Projekt im Begriff des „Traum(a)lands“ subsumiert. Im Fokus der vierten Phase stehen die Ukraine-Konstruktionen in der deutschsprachigen Literatur nach 1991. Neben den Elementen der (post)habsburgischen und der (post)russischen/(post)sowjetischen Rezeptionstraditionen wird hier auch das poetologische Instrumentarium erforscht, das die deutschsprachigen Gegenwartsautor*innen für die Umkartierung der Ukraine von heute benutzen. |
Masterarbeiten | Dorothee Theresa Adam, MA-Arbeit: Die Konstruktionen von Eigen- und Fremdbildern auf dem Euromaidan – am Beispiel der Essaysammlung ‚Euromaidan – Was in der Ukraine auf dem Spiel steht‘ (2018) Anna Fedosenko, MA-Arbeit: „Babij Jar als Erinnerungsort in der Ukraine? Literarische Auseinandersetzung von 1941 – 2014“ (2018) |
Publikationen | Ievgeniia Voloshchuk: Was bleibt auf den Ruinen der Imperien? (Re-)Visionen des Grenztopos Galizien in den Werken von Joseph Roth und Juri Andruchowytsch. In: Michaelis-König, Andree (Hg.): Auf den Ruinen der Imperien. Erzählte Grenzräume in der mittel- und osteuropäischen Literatur nach 1989. Berlin: Neofelis, 2018, S.29-46. Dies.: Kult-Dichter vs. Kult des Dichters: Das Porträt Taras Schewtschenkos in „Die verhinderte Rede von Kiew“ von Friedrich Dürrenmatt. In: Porόwnania. Czasopismo poświęncone zagadnieniom komparatastyki literackiej oraz studiom interdyscyplinarnym, H. (2)21. Poznań, 2017, S. 171-178; Dies.: Ja okončatel'no otreksja ot Vostoka: poslerevolucionnaja Rossija v dnevnikovych zapiskach Jozefa Rota o ego putešestvii po SSSR [Ich habe mich endgültig vom Osten losgesagt: das nachrevolutionäre Russland in Joseph Roths Tagebuchnotizen über seine Reise in die Sowjetunion]. In: Studia Culturae, H. 4 (34/2017), S. 149-155. Dies.: Fenomen jevrejskoj Ukrainy i ego literaturnye proekcii [Das Phänomen der jüdischen Ukraine und seine literarischen Projektionen]. Collegium, H. 27, Kiew 2017, S. 161-171. Dies.: Vaterland, Heimat und Theater: Topoi der Theaterkritik im autobiografischen Roman Da geht ein Mensch von Alexander Granach. In: Brittnacher, Hans Richard/ Lühe, Irmela von der: Kriegstaumel und Pazifismus. Jüdische Intellektuelle im Ersten Weltkrieg. Frankfurt /M.: Peter Lang, 2016, S.353-369. Dies.: Juden auf Wanderschaft: Die Verkehrsmittel in Hiob Joseph Roths. In: Pacyniak, Jolanta / Pastuszka, Anna (Hg.): Zwischen Orten, Zeiten und Kulturen. Zum Transhistorischen in der Literatur. Frankfurt/M: Peter Lang, 2016, S. 145-155. Dies.:“... aus den dunkelsten Tiefen der Verzweiflung und des Verzichtens“: Stefan Zweigs Galizien-Bilder in Zeiten des Ersten Weltkriegs, in: Małgorzata Dubrowska/Anna Ruthka (Hg): Reise in die Tiefe der Zeit und des Traums – (Re-)Lektüren des ostmitteleuropäischen Raumes aus österreichischer, deutscher, polnischer und ukrainischer Sicht, Lublin: Wydawnictwo KUL, 2015, S. 43–54. Dies.: Vodojmyšča sozialsizmu, tvist na Červonij plošči ta „nezručnyj“ Ševčenko: try pogljady Fridricha Djurrenmatta na Radjans’kyj Sojuz 1964 r. [Wasserbecken des Sozialismus, Twist auf dem Roten Platz und der „unbequeme“ Ševenko: Drei Ansichten Friedrich Durrenmatts auf die Sowjetunion aus dem Jahr 1964], in: Ulrich Weber/Ievgeniia Voloshchuk/Alexander Chertenko (Hg): Minotawr u labirunti: tworist‘ Fridricha Djurrenmatta mizh tradycijeju ta subversijeju“, Kiew: Dmytro Burago Verlag, 2015, S. 83–115. Dies.: Galicijskoje pograni ‘je v tvorčestve Josefa Rota [Grenzland Galizien in Joseph Roths Œuvre]. In: Jurij Girin (Hg.): Problemy kul’turnogo pograni ‘ja. Pamjati professora V.B. Zemskova. Мoskau: Maxim-Gorki-Institut für Weltliteratur der Russischen Akademie der Wissenschaften, 2014, S. 419–441. Dies.: Čy možlyvo zibraty rozkydane kaminnja? Generacijni konsteljaciji v romani „Jov” Josefa Rota [Kann man zerstreute Steine sammeln? Generationskonstellationen in Joseph Roths „Hiob“]. In: Slovo i as. Naykovo-teorety nyj žurnal, H. 11 (2014), S. 60–78. Dies.: Die ukrainische Welt in Essayistik und Prosa Joseph Roths. In: Hans Richard Brittnacher u. Wiebke Amthor (Hg.): Joseph Roth — Zur Modernität des melancholischen Blicks, Berlin, New York: De Gruyter, 2012, S. 151–163. Borys Bigun: Na granice meždu ukrainskoj i jevrejskoj kulturami: tvorčestvo Vjaeslava Šnajdera [An der Grenze zwischen der ukrainischen und der jüdischen Kultur: das Werk von Vjačeslav Šnajder]. Collegium, H. 27, Kiew 2017, S. 192-197. Ders.: ‚Bluždajuščije zvjozdy‘: konferencija o jevrejskich pisateljach [‚Blondzhende Stern‘: Die Konferenz über die jüdischen SchriftstellerInnen aus der Ukraine]. Collegium, H. 27, Kiew 2017, S. 158-160. Alexander Chertenko: Galicija i preodolenie prošlogo v sbornike esse Lotara Bajera „Meždu vostokom i zapadom“ [Galicien und die Vergangenheitsbewältigung in Lothar Baiers „Ostwestpassagen. Kulturwandel — Sprachzeiten“]. In: Spadčyna I.Ja.Navumenki i aktual’nyja prablemy litaraturaznaŭstva. Zbornik naukovych atykulaŭ, 2016 (3), S. 163-167. |
Projektteam | Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk (Projektleiterin) Dr. Borys Bigun (Literaturwissenschafter) Mgr. Alexander Chertenko (Literaturwissenschaftler) |
Sprachwechsel – Perspektivenwechsel? Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielstimmigkeit in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur Prof. Dr. Gabriella Pelloni / Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk Gefördert aus Mitteln des Publikationsfonds für Open-Access-Monografien des Landes Brandenburg und des Dipartimento di Lingue e Letterature Straniere der Universität Verona |
|
Projektzeitraum | 2021-2023 |
Beschreibung | Das Projekt, an dem Literaturwissenschaftler:innen aus Deutschland, Italien, Polen, Österreich und Tschechien teilnehmen, wird im Rahmen einer Kooperation zwischen der Chiellino-Forschungsstelle für Literatur und Migration am Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und der Universität Verona umgesetzt. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen schriftstellerische Stimmen, die auf der deutschsprachigen Literaturbühne die Erfahrungen der Anders- bzw. Mehrsprachigen artikulieren und mithin scheinbar etablierte sprachliche Konstellationen hinterfragen. Den Ausgangspunkt des Vorhabens bildet die These, dass Werke von Autor:innen mit Migrationserfahrungen ein kulturelles und ästhetisches Potential entfalten können, das homogene Identitätskonzepte auflöst, nationale Paradigmen unterminiert und verschiedenartige Grenzen überwindet. Aus dieser Perspektive setzen sich die Beiträge des Sammelbandes mit der Frage auseinander, in welchen Formen und mit welchen Funktionen literarische Mehrsprachigkeit in den Prozessen der Transkulturation zum Ausdruck kommt. Gefragt wird dabei nach der spezifischen Qualität und Prägung literarischer Mehrsprachigkeit sowie nach Wechselwirkungen mit dem sogenannten »transkulturellen Schreiben« bei Autor:innen mit Migrationshintergrund. Die Projektergebnisse sollen im gleichnamigen Sammelband präsentiert werden. |
Veröffentlichungen | Gabriella Pelloni/ Ievgeniia Voloshchuk (Hg.): Sprachwechsel – Perspektivenwechsel? Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielstimmigkeit in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, Bielefeld: transcript Verlag, 2023 |
Projektteam | Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk (Projektleiterin, EUV, Frankfurt/Oder) Prof. Dr. Gabriella Pelloni (Projektleiterin, Universität Verona) Dr. habil. Natalia Blum-Barth (Karlsruher Institut für Technologie) Prof. Renata Cornejo (J.E. Purkyně-Universität Ústí nad Labem) Prof. Dr. Marek Jakubów (Katholische Universität Lublin) Prof. Dr. Primus-Heinz Kucher (bis 2022 Universität Klagenfurt) Prof. Dr. Jolanta Pacyniak (Maria Curie-Skłodowska Universität Lublin) Dr. Monika Riedel (Technische Universität Dortmund) |
Das Gedächtnis an die Shoah in der polnischen und deutschsprachigen Literatur von Autorinnen und Autoren der zweiten und dritten Post-Shoah-Generation Verbundprojekt der Katholischen Universität Lublin in Kooperation mit dem Lehrstuhl und dem Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, gefördert durch die Deutsch-polnische Wissenschaftsstifung (DPWS) |
|
Projektzeitraum | 2016-2018 |
Beschreibung | Zeitgenössische Schriftstellerinnen und Schriftsteller – sowohl in Polen als auch in Deutschland –, die der zweiten und dritten Nachkriegsgeneration angehören, verfügen über keine eigenen Erinnerungen, nicht desto trotz sind sie darum bemüht, das Gedächtnis an die Shoah selbständig zu vermitteln und zu gestalten. Diese Autorinnen und Autoren kennen die tragischen Ereignisse auf vermittelte Weise über andere Kulturtexte wie etwa Schreibzeugnisse, Erzählungen der Zeitzeugen, Fotographien, Dokumentarfilme etc., in denen Authentizitätsanspruch und Faktentreue eine vorrangige Rolle spielten. Die in beiden Ländern nach 2000 publizierten Texte (wie z. B. von Piotr Paziński, Katja Pertowskaja, Maxim Biller, Igor Ostachowicz, Marcin Szczygielski, David Safier, Piotr Szewc, Barbara Honigmann u.a.) setzen zum Teil die überlieferten Formen und Modalitäten fort, andererseits unterliegen ihre narrative Strategien und ihre Ästhetik einem spezifischen Wandel. Das von der deutsch-polnischen Wissenschaftsstiftung (DPWS) geförderte Forschungsprojekt betrachtet diesen literarischen Wandel als Symptom der sich gegenwärtig in Polen und in Deutschland vollziehenden gesellschaftlich-kulturellen Veränderungen. In Anlehnung an die in den literaturwissenschaftlichen Diskurs eingebetteten Kategorien – Rekonstruktion, Transfiguration, Subversion und Empathisierung – werden in der polnisch-deutschen Forschergruppe komparatistische Analysen von ausgewählten deutschsprachigen und polnischen Prosatexten erarbeitet, wobei diese Texte als Ausgangspunkte für weitergreifende Untersuchungen zu Ähnlichkeiten und Differenzen der Shoah-Verhandlung in polnischer und deutscher Gegenwart betrachtet werden sollen. |
Projektteam | Prof. Dr. Irmela von der Lühe (deutsche Projektleiterin) Prof. Dr. Kerstin Schoor Dr. Andree Michaelis Prof. Dr. habil. Sławomir J. Żurek (polnischer Projektleiter) Dr. hab. Małgorzata Dubrowska Dr. hab. Barbara Klonowska Dr. hab. Anna Rutka Dr. Agnieszka Karczewska Dr. Piotr Kalwiński Mgr. Malwina Fendrych Mgr. Agnieszka Kasperek Mgr. Agnieszka Żmuda |
„Stimmen des Exils und des Nachkriegs. Digitales Archiv zum Audio-Nachlass des Journalisten Harald von Troschke" Dr. Barbara Picht Lehrstuhlprojekt, gefördert durch die Herbert und Elsbeth Weichmann-Stiftung Das Online Archiv kann unter https://troschke-archiv.de/ eingesehen werden. |
|
Projektzeitraum | 2014-2020 |
Beschreibung | Der Journalist Harald von Troschke (1924-2009) führte in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren Interviews mit zahlreichen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Film, Theater, Musik und Literatur. Viele von ihnen waren unter dem Nationalsozialismus in die USA emigriert, andere Repräsentanten des intellektuellen Lebens in der Bundesrepublik. Die Interviews wurden in Radiosendungen als Zeitzeugen-Reihen ausgestrahlt. In über 230 Interviews sprach von Troschke unter anderen mit Max Born, Gerd Bucerius, Gordon Craig, Geza Cziffra, Lil Dagover, Ida Ehre, Ruth Elias, Lisa Fittko, Therese Giese, Hans Habe, Werner Heisenberg, Hartmut von Hentig, Marianne Hoppe, Friedrich Hundertwasser, Hans Jonas, Robert Jungk, Ephraim Kishon, Anette Kolb, Fritz Kortner, Rolf Liebermann, Konrad Lorenz, Yehudi Menuhin, Margarete Mitscherlich, Linus Pauling, Edgar Reitz, Ledig Rowohlt, Hans Sahl, Fritz Stern, Elsbeth Weichmann, Carl Friedrich und Richard von Weizsäcker, Peter Zadek. Ein personen-, ein themen- und ein zeit- bzw. ortszentrierter Zugang zum Interviewmaterial wird eingerichtet, wodurch die Zugänglichkeit der zum Teil mehrstündigen Interviews gewährleistet und ein systematischer Vergleich der Interviewinhalte ermöglicht wird. Ergänzt werden die Audiodateien durch kurze Einführungstexte zu den Interviewpartnern, durch ein Biogramm Harald von Troschkes und durch das Fotomaterial, das die Erben von Troschkes zusammen mit dem Audio-Nachlass zum Zweck des Aufbaus eines Online-Portals zur Verfügung gestellt haben, das den umfangreichen Nachlass ihres Vaters für die Forschung und die interessierte Öffentlichkeit zugänglich machen soll. |
Projektteam | Dr. Barbara Picht (Projektleiterin) Prof. Dr. Kertsin Schoor (Mitarbeit) Ulrich Pilous, M.A. (Konzeption) Nils Alberti, Dipl.-Inf. (Informatik) Nadine Kern (Lektorat) Henrik Schnittger (Lektorat) |
weiterführende Links
Forschungskolloquium
Habilitationen
An August Bebels Analyse des Antisemitismus als Erscheinungsform eines fortschrittsfeindlichen, primitiven Antikapitalismus orientierte sich die deutsche Sozialdemokratie bis in die 1930er Jahre. Doch antijüdische Angriffe deutschnationaler und völkischer Akteure auf die junge Republik erzwangen eine Revidierung dieses Konzepts. Nach dem November 1918 erkannte die Sozialdemokratie im politischen Antisemitismus auch ein antirepublikanisches Instrument reaktionärer Parteien. Aber die Erkenntnis, die im Kampf gegen die DNVP nutzte, behinderte sie in der Abwehr des Nationalsozialismus.
Die Studie rekonstruiert erstmals die Auseinandersetzungen der deutschen Sozialdemokratie mit dem Antisemitismus in der Weimarer Republik. Sie beschreibt die sozialdemokratischen Maßnahmen gegen den Judenhass und zeigt, warum die Hegemonie des Antizionismus in der SPD im Laufe der 1920er Jahre brüchig wurde.
Kontakt: chdietrich@europa-uni.de
Bis heute wird das deutsch-jüdische Verhältnis zumeist als die – versuchte, gescheiterte und schließlich verworfene – Geschichte einer „Symbiose“ verhandelt. An der Grundeinstellung dieser in ihrem Ursprung biologistisch konnotierten und eigens zu historisierenden Bezeichnung hat auch Dan Diners Wendung von einer „negativen Symbiose“ nur wenig geändert. Das literatur- und kulturwissenschaftlich verortete Forschungsprojekt unternimmt daher den Versuch, die Begegnung von deutschsprachigen Juden und Nichtjuden seit dem 18. Jahrhundert ausgehend von dem ganz anders perspektivierten Begriffsfeld der Freundschaft zu verstehen. Es folgt darin der Blickverschiebung zu den versuchten freundschaftlichen Begegnungen Einzelner, die bereits Gershom Scholem angeregt hatte, und eröffnet durch den Anschluss an die Tradition des Freundschaftsdenkens seit Aristoteles zugleich ein ganz anderes begriffliches und diskursiven Feld der Beschreibungs- und Analysemöglichkeiten. Dabei soll die Bedeutung der jeweiligen Freundschaft und ihrer Konfliktmomente nicht nur anhand (auto-)biographischer Quellen, sondern gerade auch anhand der literarischen und essayistischen Werke der Freunde, ihrer gegenseitigen Einflussnahme und Abgrenzung voneinander, genauer untersucht werden. Zu den Erkenntniszielen zählen damit nicht nur fallspezifische Einsichten durch literaturwissenschaftlich ausgerichtete Einzelanalysen, sondern auch eine systematisch und diskursiv am Begriffsfeld der Freundschaft neu ausgerichtete literaturgeschichtliche Perspektive auf das deutsch-jüdische Verhältnis.
Kontakt: michaelis@europa-uni.de
Mein 2020 abgeschlossenes Habilitationsprojekt vergleicht signifikante kulturelle Selbstentwürfe im Europa des Kalten Krieges und legt dabei den Schwerpunkt auf Geschichte und Literatur als zentralen Diskursen der nationalen Identitätskonstruktionen. Wie haben Geschichts- und Literaturwissenschaftler den ‚Ort’ bestimmt, an dem sich die europäischen Gesellschaften in der Nachkriegszeit sahen und den sie im Ost-West-Spannungsfeld konkurrierender Vorstellungen von politischer und gesellschaftlicher Ordnung (kultur-) historisch zu legitimieren versuchten? Beispielhaft habe ich das Werk je eines Historikers und je eines Literaturwissenschaftlers aus Frankreich, den beiden Deutschland und Polen gewählt, mit dem sie an den wissenschaftlichen Aushandlungsprozessen der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte einen wichtigen Anteil hatten (dass keine Frau darunter ist, resultiert aus der männlichen Dominanz in den Wissenschaftssystemen der Zeit): Fernand Braudel und Robert Minder (Frankreich), Werner Conze und Ernst Robert Curtius (BRD), Walter Markov und Werner Krauss (DDR) und Oskar Halecki und Czesław Miłosz (Polen bzw. us-amerikanisches Exil). Im Ergebnis zeigt sich, dass gemessen am Werk dieser acht Wissenschaftler Europa bis in die sechziger Jahre hinein weit mehr mit der sozial- und kulturhistorischen Selbsterforschung befasst war als mit einer Orientierung an den es nun beherrschenden Weltmächten. Es begegnet einem in ihren Texten weit mehr ungeteilt gedachtes Europa als Kalter Krieg. Was sie erlebten, war in ihren Augen Teil einer das 20. Jahrhundert insgesamt kennzeichnenden Krise spezifisch europäischen Ursprungs und sie erklärten sich für ihre Überwindung weiterhin mit zuständig. So wird deutlich: Vom beherrschenden Bild des iron curtain muss man sich lösen, geht es um die Geschichte der europäischen Geistes- und Kulturwissenschaften im Systemkonflikt.
Kontakt: picht@europa-uni.de
Ziel meines Habilitationsprojekts ist, Literaturgeschichte aus postmigrantischer Perspektive neu zu schreiben. Als Beispiel dafür dient das österreichische literarische Feld. Schriftsteller*innen, die selbst Immigrant*innen oder Nachkommen von Immigrant*innen sind, werden in diesem Neuansatz nicht einfach als Ergänzung einer bestehenden Literaturgeschichte gesehen. Vielmehr will postmigrantische Literaturgeschichte erklären, wie sich literarische Felder durch Immigration veränderten. Sie befasst sich in einem ersten Schritt mit der Ausgrenzung, die Immigrant*innen und deren Nachkommen durch die Nationalisierung von Literaturen erfahren haben, um anschließend zu analysieren, wie und wie weit es ihnen gelungen ist, sich dieser Ausgrenzung zu widersetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Kampf um Anerkennung. In diesem Prozess erhalten die Autor*innen schrittweise Aufmerksamkeit von Verlagen, Kritik und Wissenschaft und tragen damit zu einer Öffnung dieser literarischen Strukturen bei. Mittel dieses Kampfes sind ihre literarischen Werke, die grundsätzlich homogene Vorstellungen von Identitäten, Kulturen und Nationen in Frage stellen, selbst wenn sie sich nicht explizit mit Migration befassen. Vielmehr kann auch die Tatsache, dass sie das nicht tun, eine Form des Widerstands gegen die Kategorisierung als Migrant*in darstellen. Die Publikation und kritische Diskussion dieser Texte werden in der postmigrantischen Literaturgeschichte als Zeichen eines konkreten Veränderungsprozesses gelesen. Sie gelten als Schritte der Überwindung von Ausgrenzungsmechanismen, die sich im Zuge der Nationalisierung als selbstverständlich etablierten. Das bedeutet methodisch, über die Werkanalyse hinauszugehen, um zu erfassen, wie weit die neuen Gesellschaftsvorstellungen, die sich in den Werken ausdrücken, auch über das Feld hinaus Gehör fanden. Mein Habilitationsprojekt entwirft auf Basis von Pierre Bourdieus Arbeiten einen literaturwissenschaftlichen Neuansatz, um postmigrantische Literaturgeschichte zu schreiben und wendet diesen auf das österreichische literarische Feld an.
Wiebke Sievers ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Östereichischen Akademie der Wissenschaften.
Die Habilitation basiert auf dem Projekt Literature on the Move.
Kontakt: wiebke.sievers@oeaw.ac.at
Promotionen
Im Rahmen meines Promotionsvorhabens widme ich mich einer zentralen Leerstelle in den Geschichten deutsch-jüdischer Literatur- und Kulturgeschichte: der von Julius Goldstein gegründeten Zeitschrift „Der Morgen“, die von April 1925 bis November 1938 (112 Hefte mit über 8.000 Seiten) im Berliner Philo-Verlag erschien. Meine Arbeit unternimmt dabei erstmals den Versuch, die Geschichte des „Morgen“ in seiner Gesamtheit und auf Basis umfangreicher Archivquellen zu rekonstruieren und zentrale Aspekte dieser Geschichte anhand literarhistorischer Fallstudien zu untersuchen.
Da sich bisher nur eine Handvoll kleinerer Aufsätze und Kapitel, in jeweils spezifischem Kontext, mit der Zeitschrift befasst hat, stützt sich meine Studie fast ausschließlich auf Primärquellen. Neben dem „Morgen“ selbst und seinem publizistischen Umfeld (u. a. der „C.V.-Zeitung“, und dem katholischen „Hochland“) zählen hierzu vor allem die Hinterlassenschaften der fünf Schriftleiter (Julius und Margarete Goldstein, Max Dienemann, Eva Reichmann-Jungmann und Hans Bach), der Redaktionsnachlass des „Morgen“ (im Centrum Judaiucum, Berlin) sowie der weitgehend unerschlossene Bestand des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem).
Die Themenbereiche der Studie reichen von der Entstehungsgeschichte des „Morgen“, über sein Verhältnis zum C.V. und seine Rolle innerhalb der jüdischen Presse der 1920er/ 1930er Jahre bis hin zu seiner Eigenschaft als ein literarisches Forum des deutschen Judentums (um nur einige zu nennen). Mit fast 200 Autorinnen und Autoren, die hier ihre literarischen Texte veröffentlichten (darunter Julius Bab, Margarete Susman, Jakob Picard, Nelly Sachs, Jakob Wassermann, Karl Wolfskehl und Franz Kafka, aber auch literarische Newcomer wie Leo Hirsch, Mala Laaser und Max Samter), erweist sich der „Morgen“ dabei besonders für die literarhistorische Forschung als ergiebig.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Kontakt: tobiasbargmann@gmail.com
Beinahe 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erscheint noch immer eine Vielzahl an Werken deutscher Autor:innen, die sich mit den Auswirkungen der damaligen Gewalterfahrungen auf die Nachgeborenen und die heutige Gesellschaft in Deutschland literarisch auseinandersetzen. Eine Zunahme der publizierten autobiographischen Familien- oder Generationenromane, in denen die Autor:innen ihre eigene Familiengeschichte mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg rekonstruieren, lässt sich bereits seit den 1990er Jahren konstatieren. Spätestens ab den 2000ern folgt dann, u.a. beeinflusst durch den sogenannten Memory Boom in den Kulturwissenschaften, eine breite literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Texten. Der anhaltenden literarischen Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg anhand jüngerer und jüngster Publikationen hingegen wurde, von der Untersuchung einzelner Texte abgesehen, literaturwissenschaftlich bislang nicht nachgegangen.
In meiner Dissertation untersuche ich exemplarisch ein Korpus literarischer Texte, die zwischen 2011 und 2023 erschienen sind und von deutschen Autor:innen aus der sogenannten Generation der Kriegsenkel, der etwa zwischen 1960 und 1975 Geborenen, verfasst wurden. In autobiographischer oder autofiktionaler Form begeben sie sich auf die Spurensuche nach transgenerational weitergegebenen Kriegstraumata in der eigenen Familiengeschichte.
Am Beispiel von Romanen von Ulrike Draesner, Henning Ahrens, Ralf Rothmann, Andreas Fischer und Hans Ulrich Treichel gehe ich der Frage nach, wie sich die literarische Perspektive auf die durch Schuld, Gewalterfahrung und Vertreibung entstandenen Kriegstraumata u.a. auch auf Grund der immer größeren zeitlichen Distanz zu dem Beschriebenen im Vergleich zu autobiographischen Werken aus den 90er und 2000er Jahren verändert hat.
Mit einer diskursanalytischen Herangehensweise weite ich den Fokus über die literarischen Texte hin aus und stelle sie in einen breiteren Zusammenhang gesellschaftlich präsenter Diskurse.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Kontakt: chen@europa-uni.de
Die geplante Dissertation untersucht die Geschichte und den durch das national-sozialistische Regime verursachten Verlust der jüdischen Bibliotheken Berlins, zu denen bedeutende Bibliotheken wie jene der Jüdischen Gemeinde, der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und des Rabbiner-Seminars zählten. Nach 1945 wurden an drei verschiedenen Orten, in Offenbach, Prag und Berlin, Restbestände dieser Bibliotheken geborgen und neu verteilt. Die Dissertation widmet sich der Frage nach dem Verbleib, aber auch nach den Ursachen des Verlustes dieser Bibliotheksbestände bis in die Gegenwart. Sie fragt auch nach der Relevanz der Jerusalem National- und University Library in diesem Prozess der Verteilung, da bis heute noch Teil-Bestände der Bücher vor allem in Israel auffindbar sind.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Kontakt: utahadad@gmail.com
Die Erfahrungen sozialer wie struktureller Marginalisierung und Exklusion aufgrund (zugeschriebener) Herkunft, Geschlechtsidentität sowie sozialem Hintergrund sind Themen, mit denen sich eine neue Generation zeitgenössischer deutschsprachiger Autor:innen vermehrt auseinandersetzt. Wie sich solchen gesellschaftlichen Ausgrenzungen, aber auch vorherrschenden Rezeptions- und Repräsentationserwartungen sowie Bewertungsmaßstäben literarisch widersetzt wird, soll am Beispiel von Romanen von Fatma Aydemir, Olivia Wenzel, Sasha Marianna Salzmann und Deniz Ohde untersucht werden. Methodisch wird eine Verschiebung der – insbesondere im öffentlichen, aber auch im wissenschaftlichen Diskurs – vorherrschenden Fokussierung auf das Migrantisierung und/oder Rassifizierung erlebende Subjekt hin zu den dargestellten dominanten Teilen der Gesellschaft vorgenommen, so dass deren als normativ angenommene und somit meist unmarkierte soziale Positionen und Privilegien sowie wirkmächtige Gesellschaftsstrukturen in den Blick geraten. Die Dissertation untersucht mit Augenmerk auf die literarischen und ästhetischen Mittel, inwieweit die Romane kritische Interventionen in hegemoniale Gesellschaftsstrukturen darstellen und so auch auf künstlerisch-ästhetischer Ebene diskursive Teilhabe sowie Anerkennung im literarischen Feld einfordern.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Kontakt: euv153494@europa-uni.de
Die literatur- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Doktorarbeit fragt nach den Einflüssen ostmittel- und osteuropäisch-jüdischer Kulturen im zunehmend ghettoisierten kulturellen Leben einer ausgegrenzten und verfolgten jüdischen Minderheit im NS-Deutschland, um damit – im Rahmen vorliegender Forschungen zum literarischen Leben deutscher Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus im Allgemeinen – einen bislang unbeachtet gebliebenen Aspekt kultureller Entwicklungen dieser Jahre erkennbar zu machen.
Im thematischen Rahmen des Kollegs „Gebrochene Traditionen? Jüdische Literatur, Philosophie und Musik im NS-Deutschland“ geht die Dissertation zunächst von der kulturwissenschaftlich gestützten Hypothese aus, dass nachhaltige Spuren ostmittel- und osteuropäisch-jüdischer Kulturen im literarischen Leben deutscher Jüdinnen und Juden im NS-Deutschland der 1930er und 1940er Jahre rezeptionsgeschichtlich – im Blick auf eine Rezeption literarischer Texte, auf kulturelle Debatten, Bearbeitungen ostmittel- und osteuropäisch-jüdischer Stücke für das Theater usf. – erkennbar gemacht werden können. In dem nach diesen Spuren auch bei bereits akkulturierten jüdischen Akteuren mit Herkunft aus Ostmittel- und Osteuropa gesucht wird, die diese multiplen kulturellen Kompetenzen und ihr Wissen von jüdischer Kultur in den 1930er und 1940er Jahren reaktivieren und vermitteln, wird die Fragestellung der Dissertation mit vorliegenden Erkenntnissen und Herangehensweisen aus der Migrationsforschung kombiniert.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Kontakt: kempe@europa-uni.de
Eine Beschreibung des Promotionsvorhabens folgt in Kürze.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Kontakt: charlottelenger@yahoo.de
Die angestrebte Dissertation verfolgt zentral die Frage, welchen Beitrag Pressefotoagenturen mit Inhabern jüdischer Herkunft für die Entwicklung der Pressefotografie in Deutschland geleistet haben. Sie wird vor dem Hintergrund der in der Literatur allgemein verbreiteten Ansicht gestellt, dass Juden eine herausragende Rolle innerhalb der Geschichte der Pressefotografie eingenommen haben und diese durch ihre Innovations- und Anpassungsfähigkeit entscheidend mitgestalteten. Es existiert jedoch innerhalb der bislang vorliegenden Untersuchungen ein erhebliches Desiderat an Forschungen zu dieser Frage im Hinblick auf das Pressefotoagenturwesen. Die geplante Dissertation soll dieses Desiderat durch die Betrachtung von vier Berliner Agenturen für Pressefotografie im Zeitraum von 1895 bis 1938 exemplarisch bearbeiten. Alle untersuchten Firmen haben gemein, dass sie einen oder mehrere Inhaber jüdischer Herkunft hatten und im Nationalsozialismus nachweislich verfolgt wurden. Ziel ist es, die Firmengeschichte, Netzwerke sowie Arbeitsweisen der Unternehmen genauer zu betrachten und in den jeweiligen konkreten sozioökonomischen sowie gesellschaftspolitischen Kontext einzubetten. Die Dissertation verspricht in diesem Sinne Erkenntnisse im Bereich der deutsch-jüdischen Kulturgeschichte und hier spezifisch auch in der Institutionen- und Fotografiegeschichte.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Gefördert durch das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES)
Kontakt: anna.rosemann.90@gmail.com
Das literatur- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Dissertationsprojekt untersucht am Beispiel der Wochenzeitung Israelitisches Familienblatt, wie sich Geschlechterdiskurse innerhalb der jüdischen Minderheit im nationalsozialistischen Deutschland zwischen 1933 und 1938 entwickelten. Die im Israelitischen Familienblatt erschienenen Texte werden dabei im Kontext eines zunehmend ghettoisierten und deformierten jüdischen Kulturbetriebes betrachtet. Autor*innen jüdischer Herkunft, deren Schreiben sich ab 1933 im Spannungsfeld von Zensur und Schreibverboten bewegte, waren durch die Restriktionen der NS-Kulturpolitik einerseits gezwungen, eine dezidiert ‚jüdische‘ Kultur zu schaffen. Andererseits verstärkten die Erfahrung der Ausgrenzung sowie die äußere Bedrohungssituation innerhalb der jüdischen Bevölkerung das Bedürfnis sich mit jüdischer Kultur und Tradition als einem Teil der eigenen Herkunft und Zukunft auseinanderzusetzen. Fragen jüdischer Identität und Selbstbestimmung werden dabei oftmals geschlechtsspezifisch verhandelt und mit bestimmten Vorstellungen von Geschlechterverhältnissen und -normen in Verbindung gebracht. Dazu gehört beispielsweise die verstärkte Auseinandersetzung mit der Aufgabe der jüdischen Frau für den Erhalt der Familie und somit auch die Zukunft der jüdischen Gemeinschaft.
Ziel der Arbeit ist es, den Geschlechterdiskurs im Israelitischen Familienblatt zu erschließen und danach zu fragen, welche Möglichkeiten der jüdischen Selbstbestimmung und Selbstbehauptung sich den Autor*innen boten, gegenüber einem virulenten und existenziell bedrohlichen Antisemitismus im NS-Deutschland, der immer auch geschlechtlich konnotiert war. Hierzu werden sowohl der journalistische Diskurs der Zeitung als auch ausgewählte Fortsetzungsromane aus der Literaturbeilage analysiert.
Das Dissertationsprojekt entsteht im Rahmen des Forschungs- und Digitalisierungsprojektes "Digitales Archiv jüdischer Autorinnen und Autoren in Berlin 1933 - 1945 (DAjAB)".
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Gefördert durch ein Promotionsabschluss-Stipendium der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Viadrina
Kontakt: stopp@europa-uni.de
Seit den 1980er Jahren erschienen vermehrt Memoiren, (Auto)Biographien, Erzählungen und Romane, Oral Histories, Audios und Filme über das chinesische Exil, die uns – neben den durchaus divergierenden "Grand Narrativs" unterschiedlicher nationaler Geschichtsschreibungen und Erinnerungskulturen in Asien wie in Europa – den Alltag des chinesischen Exils in persönlichen Erinnerungen zugänglich machen. Die geplante Dissertation untersucht am Beispiel autobiografischer Texte deutschsprachiger Flüchtlinge jüdischer Herkunft Narrationen über das Exil in China zwischen 1938-1951 vor dem Hintergrund kollektiver Erinnerungsprozesse im europäischen und im asiatischen Raum der Nachkriegsjahre bis in die Gegenwart. Im Zentrum der Analyse stehen u.a. Franziska Tausigs Shanghai Passage. Flucht und Exil einer Wienerin (1987/2007), Hellmut Sterns Saitensprünge – Erinnerungen eines leidenschaftlichen Kosmopoliten (Berlin 2000) und Wolfgang Karfunkels Chinesische Jahre: Eine abenteuerliche Flucht (2003).
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Stipendiat des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerkes (ELES)
Kontakt: euv184852@europa-uni.de
In einigen Romanen aus dem Feld der deutschsprachigen jüdischen Gegenwartsliteratur scheint bereits vorweggenommen, worum seit Mitte 2020 innerhalb des deutschen Feuilletons, ausgelöst durch die radikal israelkritischen Thesen des kamerunischen Historikers Achille Mbembe, eine erbitterte Debatte kreist. Den – im innerakademischen Diskurs freilich schon länger geführten – Diskussionen, ob sich etwa „diskursive Kontinuitäten und Funktionsäquivalenzen“ (Rothberg/Zimmerer) zwischen Shoah und Kolonialismus ausmachen lassen, oder ob durch eine „postkoloniale Schablone“ nicht demgegenüber die Gefahr bestehe, dass in der Analyse „die Spezifik der modernen Judenfeindlichkeit verloren[gehe]“ (Elbe), liegen einerseits fundamentale gesellschaftliche Wandlungsprozesse mit Blick auf die kollektive Erinnerung an die Shoah zugrunde. Auf der anderen Seite scheint die Debatte jedoch insbesondere auch Ausdruck eines größeren theoretischen Problems zu sein, das bei genauerer Betrachtung den argumentativen „Frontlinien“ der jüngsten gesellschaftlich-wissenschaftlichen Auseinandersetzungen um die Erinnerung an die Shoah latent vorausgeht: Es ist der zunehmende Einfluss postmoderner Theoriebildung, an dem sich auch im deutschsprachigen Erinnerungsdiskurs, deutlich später als etwa im angloamerikanischen Raum, der Streit entzündet.
In der Dissertation soll aufgezeigt werden, wie die Romane Ohnehin (2004) und Andernorts (2010) von Doron Rabinovici, Broken German (2016) von Tomer Gardi und Die Leinwand (2010) von Benjamin Stein als Formen literarischer Positionsbestimmungen lesbar sind, die angesichts eines sich fundamental wandelnden Horizonts kollektiven Erinnerns die Auswirkungen poststrukturalistisch geprägter Denkmodelle auf die wissenschaftliche wie auch gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Erinnerung an die Shoah auf kritische Weise vorführen. Dabei können die hier diskutierten Romane natürlich nicht als unmittelbare Positionierungen innerhalb des durch den Vorfall um Mbembe ausgelösten Streits betrachten werden, sind sie doch allesamt – und zum Teil lange – vor dessen Einsetzen erschienen. Allerdings lässt sich die in den vier literarischen Texten auffällige Bezugnahme auf unterschiedliche Schlüsselelemente postmoderner Theorie in der Gesamtschau durchaus als eine Art literarischer Diskussion interpretieren, in der bereits eben jenes zum Problem wird, das nun auch in der jüngsten Debatte den Kern des theoretischen Streits bildet. Die Texte Rabinovicis, Gardis und Steins werfen somit, literarisch vermittelt, jeweils die Frage auf, ob der ursprünglich kritische Impetus jener Theoriebildung in diesem Kontext noch zur Geltung kommt oder sich demgegenüber nicht in sein Gegenteil zu verkehren Gefahr läuft.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Gefördert durch Studienstiftung des deutschen Volkes und in Abschlussstipendium der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Viadrina
Kontakt: euv06374@europa-uni.de
Die literatur- und kulturwissenschaftlich ausgerichtete Dissertation beschäftigt sich mit dem Prager Schriftsteller und Musiker Hermann Grab (1903-1949), von dem in der europäischen Literaturgeschichte nur wenige Spuren zu finden sind. Sie fokussiert in einer Fallstudie zu seinem Werk gezielt Praktiken jüdischen Schreibens, die nicht ausschließlich auf einzelne national-europäische Zugehörigkeiten und Poetiken zurückzuführen, sondern als widersprüchliche Komplexe zu beschreiben sind. Ausgehend von Überlegungen zu Aspekten jüdischer Existenz in der Diaspora, die insbesondere in Mittel- und Osteuropa auch durch kulturelle Mehrfachprägungen beschrieben sind, soll Grab in seinem Schaffen in Prag und Wien als ein Schriftsteller wahrgenommen und verstanden werden, dessen Wirken von jüdischen sowie nichtjüdischen, von deutschen, tschechischen und österreichischen Lebenswirklichkeiten bestimmt war. Grabs späteres Exil in New York reflektiert und erweitert diese Perspektive. Ziel der Dissertation ist es, anhand ausgewählter biographischer Konstellationen wie analytischer Betrachtungen von Hermann Grabs Schreiben die geographischen, disziplinären und ästhetischen Räume seines Wirkens auszumessen und spezifische Aspekte eines Schreibens in der Diaspora exemplarisch zu studieren. Die Arbeit soll damit zu einer Literaturgeschichte als Verflechtungsgeschichte beitragen sowie ein vertieftes Verständnis jüdischen Schreibens im Kontext konkreter historischer Erfahrungen im 20. Jahrhundert ermöglichen.
Das Dissertationsprojekt entsteht im Rahmen der Nachwuchsforschungsgruppe „Literarische Praktiken der Verflechtung: Jüdisches Schreiben in der europäischen Diaspora (19. und 20. Jahrhundert) “ (Leitung: Dr. Andree Michaelis-König, Betreuung: Prof. Dr. Kerstin Schoor) am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg und ist dort im Forschungsbereich „Diaspora – Migration – Transnationalität“ angesiedelt.
Betreuerin: Prof. Dr. Kerstin Schoor
Gefördert durch die FAZIT-STIFTUNG
Kontakt: spitz@europa-uni.de