Gastvortrag von Dr. Caroline Sauter: „La caresse d’une langue. Derrida (und) Übersetzen“
Im Rahmen des Seminars „Philosophie der Mehrsprachigkeit“, PD Dr. Andrea Gremels, Lehrstuhl Westeuropäische Literaturen.
16-18 Uhr c.t.
Europa-Universität Viadrina
Europaplatz 1
15230 Frankfurt (Oder)
Gräfin-Dönhoff-Gebäude, Raum 05, EG
Hybrid: Topic: Gastvortrag Caroline Sauter
Zoom-Link:
https://europa-uni-de.zoom-x.de/j/65159997966?pwd=mYDHlG9q8QQ8UwLHtXCD0oldJePgYu.1
Meeting-ID: 651 5999 7966
Kenncode: 312542
Dr. Caroline Sauter (Goethe-Universität Frankfurt am Main):
La caresse d’une langue. Derrida (und) Übersetzen
Caroline Sauter hält ihren Vortrag über Jacques Derridas Text „Was ist eine ‚relevante‘ Übersetzung?“, den sie mit Esther von Osten aus dem Französischen übersetzt hat (2023). In seinem Text verhandelt Derrida die Rede Portias, wie überhaupt das gesamte Shakespeare-Drama The Merchant of Venice, als Übersetzungsproblem. Doch indem er gerade dem zentralen Satz „Then must the Jew be merciful“ seine Übersetzung verweigert, bringt er die Waagschalen der Übersetzung ins Ungleichgewicht. Ganz zu Anfang seines Textes setzt Derrida dem (antisemitischen) Hass, der eine Logik der vernichtenden Konversion heraufbeschwört, mit starkem, doch zartem Gestus die Zärtlichkeit, die Liebkosung, la caresse, entgegen. Gegen die Logik des quid pro quo entwirft Derrida eine Theorie der Übersetzung als sich verschwendende, sich hingebende, sich schenkende, zärtliche Liebkosung. Dies verdichtet sich im Doppelbild der züngelnden Flamme bzw. leckenden Zunge, langue, Sprache: Übersetzen als la caresse d'une langue. Wie ist diese caresse zu übersetzen - in andere Sprachen, aber auch in eine Ethik, eine Politik, eine Philologie der Zärtlichkeit?
Caroline Sauter ist Vertretungsprofessorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen am Schnittpunkt von Literatur und Theologie, insbesondere im jüdischen Denken, europäisch-jüdischer Literatur sowie Literaturtheorie, Übersetzung und Übersetzungstheorie. Sie ist Autorin einer Monographie über Walter Benjamins Übersetzungsphilosophie (Die virtuelle Interlinearversion, 2014) und zahlreicher wissenschaftlicher Aufsätze, Mitherausgeberin mehrerer Sammelbände sowie gemeinsam mit Esther von der Osten Übersetzerin von Jacques Derridas „Was ist eine ‚relevante‘ Übersetzung?“. Sie war Feodor Lynen-Forschungsstipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Harvard University, außerdem wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZfL Berlin und am Institut für AVL der Goethe-Universität Frankfurt a.M. Zuletzt hat sie das Manuskript Sprache und Liebe: Literatur – Theologie – Theorie fertiggestellt, in dem sie das Problem der sprachlichen Ausdrückbarkeit von Liebe und Begehren untersucht.