Forschung

Forschungsprojekte

Im Französischen bezeichnet „onirique“ eine spezifische Qualität, die „in allen Zwischenzuständen des Subjekts, aber auch in der Beschaffenheit eines Gegenständlichen auftritt: Visionen, Träumen, Tagträumen, Halluzinationen, Phantasieren, monströse Vorstellungen, Dezentrierungen“ (Reck 2010). Das enzyklopädische und damit auch epistemologische Wagnis, das gesamte Traumwissen seit der Antike bis zur Moderne, in Philosophie, Kunst und Literatur unter dem Begriff des Onirischen nicht nur aufzubewahren, sondern auch für Denken und Darstellung produktiv werden zu lassen, eröffnet einen Raum der Unordnung und des Unwissens. Was erzählen onirische Schreibszenen – unter jeweils anderen Vorzeichen von Wahrheit und Wahrhaftigkeit – in Literatur und Philosophie? Das Kompositum ‚Traumkritik’ deutet auf eine Spannung, die größer nicht sein könnte. Verlangt nicht die critique, die Kunst der Beurteilung, eine Sicht von außen, die es dank eines Kriteriums erlauben würde zu urteilen und anzuordnen?

Publikationen Andrea Allerkamp:

„Der Mörtel, nicht das Material“. Rudolf Leonhards Bruchstücke zu einer materialistischen Traumtheorie, in: R. Leonhard, Man träumt was man ist. Entwürfe aus dem Traumbuch des Exils, Wien Turia + Kant [Neue Subjektile] 2022, S. 7-65.

„Literatur und Philosophie: Urszenen, Konstellationen, Anekdoten und Bilder“, in: A. Allerkamp / S. Schmidt (Hg.): Handbuch Literatur & Philosophie. [Handbücher zur kulturwissenschaftlichen Philologie (HKP)]. Berlin: de Gruyter 2021, S. 7-23.

„Fiktion und hypothetisches Sprechen. Im Modus des Als-ob“, in: A. Allerkamp / S. Schmidt (Hg.): Handbuch Literatur & Philosophie. [Handbücher zur kulturwissenschaftlichen Philologie (HKP)]. Berlin: de Gruyter, 2021, S. 84-92.

„Le génie du rêve. Sur la complexité de la limite“, in: Konstanze Baron, Robert Fajen (Hg.): Diderot - Le Génie des Lumières. Nature, normes, transgressions. Paris: Classiques Garnier, 2019, S. 107-129.

„Erschütterung des Denkzwangs. Zu Paul Valérys physiologischer Traumästhetik“, in: M. Schneider, C. Solte-Gresser (Hg.): Traum und Inspiration. Aktuelle Ansätze zu einem Topos in Kunst und Literatur. [Reihe Traum – Wissen – Erzählen]. Paderborn: Wilhelm Fink 2018, S. 31-53.

„Onirocritica und mundus fabulosus. Traum und Erfindung, in: A. Allerkamp, D. Mirbach (Hg.): Schönes Denken. Baumgarten im Spannungsfeld zwischen Ästhetik, Logik und Ethik, in: Zeitschrift für Ästhetik und Kunstwissenschaft. Hamburg: Meiner 2016, Sonderheft 15, S. 201-221.

„‚Es bleibt ein Rest.’ Benjamins Versuch einer Überführung von Aragons mythologie en marche“, in: C. Pornschlegel (Hg.), Zur religiösen Signatur des Kapitalismus. München: Wilhelm Fink 2016, S. 125-150.

„"Inventio (Giovanni Battista Piranesi / Charles Baudelaire)", in: J. Kasper, C. Wild (Hg.), Rom rückwärts. Europäische Übertragungsschicksale von Lucan bis Lacan. Paderborn: Fink 2015, S. 225-229.

„"Quidproquo (Walter Benjamin)", in: J. Kasper, C. Wild (Hg.), Rom rückwärts. Europäische Übertragungsschicksale von Lucan bis Lacan. Paderborn: Fink 2015, S. 230-236.

„Vom Traumkitsch zur Traumkritik. Benjamins kritische Theorie des Erwachens“, in: A. Allerkamp/P. Valdivia/ S. Witt (Hg.), Gegen/Stand der Kritik. Zürich: Diaphanes 2015, S. 91-104.

„Ästhetische Zeit(T)räume: Piranesi-Spuren bei Baudelaire und Benjamin", in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. 2014/3, 88. Jg., S. 297-320.

„Erwachen als Historische Grenz-Erfahrung. Rudolf Leonhards und Walter Benjamins Traum-Theorie", in: S. Schmidt u. G. Raulet (Hg.), Wissen in Bewegung. Theoriebildung unter dem Fokus von Entgrenzung und Grenzziehung. Berlin 2014, S. 115-129.

„‚Alles frühere ist historisch zu durchdringen’. Benjamins Zeit-traum“, in: A. Cozic/H. Inderwildi/C. Mazellier (Hg.), Du texte à l'image. Appropriations du passé et engagements au présent. Nancy: Presses Universitaires de Nancy 2010, S. 139-149.

„‚Nous cherchons un moment téléologique dans l'ensemble onirique’. Le rêve de l'histoire: Benjamin et Marx, in: M. Picker (Hg.): Les Cahiers philosophiques de Strasbourg (27): Walter Benjamin. Les vicissitudes du mythe. Straßburg 2010, S. 63-80.

 

In diesem Projekt geht es darum, den philologischen Spuren des globalen Surrealismus in der Gewaltgeschichte von Krieg und Kolonialismus nachzugehen. Dazu werden Gattungstypologien (Vers/ Prosa) und deren kulturelle, politische und epistemische Dimensionen in den Blick genommen: Wie weit lässt sich der Bogen der surrealistischen Revolution spannen? Was verbindet den transversalen Surrealismus mit Ethnographie, Primitivismus, Négritude, Anthropophagie? Und wie interagieren diese globalen Verflechtungen mit neuen Formen der Poetik und ihrer literarischen Umsetzung? Wie verändern sich surrealistische Poetiken in den sich stark unterscheidenden Sprachen und Sprachräumen? Passen sie ihre prosodischen Bedingungen an oder zeigt ihre Unangepasstheit nicht vielmehr eine radikale Widerständigkeit? Geben sich im jeweils anderen Verhältnis zwischen Prosa und Poesie auch Versuche zur politischen Positionierung erkennen?

Publikationen Andrea Allerkamp:

„Alexander Kluge et ses aïeux surréalistes“, in: W. Asholt / J.-P. Morel / V. Pauval (Hg.): Univers pluriels d’Alexander Kluge. Paris: Hermann 2022.

„Du ‚philosopher surréaliste’. Myslowice – Braunschweig – Marseille“, in: Patricia Lavelle (Hg.): Cahiers de L’Herne (104): Benjamin. 2013, S. 214-220.

Recht und Literatur treffen sich in ihrem jeweils anderen Bezug zum Recht und in der Notwendigkeit zwischen Gerechtigkeit und Unrecht zu unterscheiden. In den Augen des Rechts wird Literatur zum Prüfstein, wenn juristische Argumente an ihren aporetischen Grenzen aufgesucht werden. Die Frage nach dem Nicht-Wiedergutzumachenden, Irreparablen ist zentral für viele, wenn nicht alle Texte Heinrich von Kleists – ob Anekdote, Drama, Erzählung. Das Projekt fragt danach, Kann eine Poetik des Irreparablen mit und nach Kleist als produktiver Einspruch gegen das „Versöhnungstheater“ (Czollek 2023) geltend gemacht werden? Wo findet sich Kleists Poetik des Irreparablen in aktuellen Weltliteraturen wieder? Welche methodologische Folgen hat dies für die kritische Auseinandersetzung mit mehrsprachigen Literaturen?

Publikationen Andrea Allerkamp:

und Roussel, M. (Hg.). „‘Um einen Kleist von außen bittend‘. Bestandsaufnahme – Über-Setzungen – Konstellationen - Fallgeschichten“. Kleist-Jahrbuch 2022, S. 27-213.

„Zur Kritik des Eides bei Kleist und Shakespeare“, in: J. Steigerwald / H. Schlieper / L. Süwolto (Hg.), Komparatistik heute. Aktuelle Positionen der Vergleichenden Literaturwissenschaft. Paderborn: Wilhelm Fink, 2021, S. 91-114.

„Fluchen, Schwören, Lügen. Zur Gebrechlichkeit von Recht und Religion bei Kleist und Shakespeare", in: Kleist Jahrbuch 2018, Stuttgart Metzler 2018, S. 69-86.

„Schwur-Szenen, Jacques Louis David und die Familie Schroffenstein", in: H. L. Lund (Hg.): Heillose Menschen? Bild-Text-Gedanken über Kleist und Religion. Hannover: Wehrhahn, 2018, S. 15-31.

 

Internationale Begutachtungen (Co-Tutelles seit 2011)

2023
Tobias Vincent Pauval: „L’Encyclopédisme narratif d‘Alexander Kluge : Collectage, Bricolage, Recyclage”. Université Paris-Est (Sylvie Le Moël, Clemens Pornschlegel).

2019
Livia Plehwe: „G : Material zur elementaren Gestaltung. Une revue au croisement des avant-gardes artistiques sous la République de Weimar.” Université de Paris-Sorbonne 4 (Gérard Raulet, Andrea Allerkamp).

2016
Bruno Quélennec (gefördert DFG-Graduiertenkolleg lebensformen + lebenswissen): „Retour dans la caverne. Philosophie, religion et politique chez le jeune Leo Strauss. Rückkehr in die Hölle. Philosphie, Religion und Politik bei dem frühen Leo Strauss.“ Université Paris-Sorbonne 4 / Viadrina (Anselm Haverkamp, Gérard Raulet).

2015
Sage Anderson (gefördert DFG-Graduiertenkolleg lebensformen + lebenswissen): „Life in the Fewest Words: Timing Literary Brevitas from Chanfort to Benjamin“, New York University (Richard Sieburth, Andrea Allerkamp).

Carmen Bartl (gefördert DFG-Graduiertenkolleg lebensformen + lebenswissen): „Schiller und Freud: Vom Erhabenen zur Sublimierung. Eine Wissensgeschichte intellektueller Leitbewältigung“, New York University (Christiane Frey, Andrea Allerkamp)

2013
Bruno Faux: „Entre logos et eros. La topique de la bouche dans la littérature allemande du XVIIe siècle: un parcours.“ Université de Paris-Sorbonne 4 (Marie-Thérèse Mourey, Andrea Allerkamp).

Karsten Forbrig: „‘Es gibt eben abermals: noch einmal: nur das Theater.‘ Recycling und Covering in den Theatertexten Werner Schwabs.“ Université de Nantes/ Ludwig Maximilians-Universität München (Günter Krause, Clemens Pornschlegel).

2011
Dieter Merlin: „Die Kunst der Projektion. Romantik und Dekonstruktion in den Filmen André Téchinés.“ Christian-Albrechts-Universität zu Kiel/ Université de Poitiers (Hans Jürgen Wulff, Andrea Allerkamp).

Kooperationspartner

An der Professur bestehen Kooperationen mit folgenden Universitäten und Einrichtungen:

  • Aix-Marseille Université (AMU), Faculté des Arts, Lettres, Langues, Sciences Humaines
  • Centre Marc Bloch, Berlin
  • Jawaharlal Nehru University (JNU), Centre of German Studies, New Delhi
  • Kleist-Museum, Frankfurt (Oder)
  • Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL), Berlin
  • New York University (NYU), Department of German + Department of Comparative Literature
  • Universität des Saarlandes, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Kulturwissenschaft
  • Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne, UFR de Philosophie
  • Yale University, Germanic Languages and Literatures

Büromanagement

Anette Hübner

Sprechzeiten

Dienstag und Donnerstag 9-12 Uhr
oder nach Vereinbarung

Raum: HG 272