Forschung
Aktuelle Forschungsprojekte
Seit dem 1. April 2021 läuft das Projekt „Europäische Zeiten/European Times – A Transregional Approach to the Societies of Central and Eastern Europe“ (EUTIM), es ist ein Forschungsverbundprojekt des Lehrstuhls für Osteuropäische Literaturen an der Europa-Universität Viadrina, dem Lehrstuhl für Literatur und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Potsdam und des Forum Transregionale Studien in Berlin.
Über einen Zeitraum von drei Jahren erforscht das Kolleg Narrative von Zeit und Raum an den Rändern Europas. EUTIM analysiert ausgehend von den historischen Erfahrungen und Denkweisen in den Gesellschaften Mittel- und Osteuropas ungleichzeitige Konzepte von „alt vs. neu“ und „Ost vs. West“ auf gesamteuropäischer Ebene insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Das Forschungskolleg nimmt Ungleichzeitigkeitseffekte systematisch und methodisch in den Blick und zeigt, wie produktiv oder destruktiv diese Zeitlichkeitsregime in Institutionen, Künsten, Wissenschaft und Gesellschaften genutzt werden.
Das an der Europa-Universität Viadrina verortete kultur- und geschichtswissenschaftliche Teilprojekt, das von einer Forschergruppe um Annette Werberger und Andrii Portnov durchgeführt wird, hinterfragt u.a. Vorstellungen des Stillstands im Kalten Krieg, da die Wissenschaft selbst von Prozessen der eilig erwarteten „Verwestlichung“ von Zeitlichkeit affiziert war.
An der Universität Potsdam befasst sich eine literaturwissenschaftliche Nachwuchsforschungsgruppe um Alexander Wöll mit Künsten, in denen Ungleichzeitigkeiten aufmerksam bebildert und vertextet wurden.
Das Forum Transregionale Studien ist für den Bereich Wissenschaftskommunikation verantwortlich, der Formen des gemeinsamen Arbeitens ermöglicht, Transferprozesse arrangiert, Forschungsstandpunkte und -ergebnisse disseminiert und EUTIM transregional vernetzt.
Zum Forschungsteam an der Viadrina gehören:
Prof. Dr. Annette Werberger
Prof. Dr. Andrii Portnov
Dr. habil. Erik Martin
Elen Budinova
Ekaterina Grineva
Oleksii Isakov
Olga Tartygina
Ricarda Fait
Kooperationspartner
- Freie Universität Berlin
- Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
- Humboldt-Universität Berlin
- Leuphana Universität Lüneburg
- Universität der Künste Berlin
Beschreibung
Der SFB 1512 „Intervenierende Künste“ stellt die hervorbringende und aktivierende Dimension der Künste ins Zentrum und untersucht deren Potential, mittels der Etablierung künstlerischer Wahrnehmungsordnungen und Praktiken soziale Beziehungen zu stiften und politische Konflikte zu generieren. Mehr denn je werden Künste gegenwärtig vom Anspruch bestimmt, gesellschaftlich wirksam zu sein. Der Verbund vereint die künstebezogenen Disziplinen mit Philosophie, Geschichte, Soziologie und Kulturanthropologie.
Im Teilprojekt werden radikale historische und zeitgenössische avantgardistische Kunstpraktiken untersucht, die kooperative Handlungen mit theoretischer Reflexion verbinden, um künstlerisch zu intervenieren. Die Analyse soll zeigen, wie sich Praktiken und theoretische Entwürfe im Vollzug zueinander verhalten. Die bisherige Fokussierung der Avantgardeforschung auf Manifeste und Verfahren wird im Projekt so praxistheoretisch gewendet, wodurch sich die Einbettung ästhetischer Programme in Handlungsdramaturgien und die gesellschaftliche Reichweite besser erfassen lässt.
Der Schwerpunkt liegt auf Ostmitteleuropa, aber Italiens Futuristen werden punktuell einbezogen, da diese avantgardistischen ‚Erstakteure‘ mit ihren Aktionen besonders wirksam waren. Der internationale Anarchismus wird zudem als „missing link“ zwischen Theorie und Praxis der Avantgarden betrachtet. Durch die Verstaatlichung der Künste in den 1930er Jahren verlieren diese Verbünde ihren auf Praxis angelegten Entwurfscharakter, werden geschwächt, zerstört oder ins Private abgedrängt, aber zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den aktuellen Protestkulturen reaktiviert.
Gesamtprojektleitung und Unterprojekte
An der Viadrina ist das Teilprojekt „Künstlerische Entwürfe und intervenierende Praktiken der Kooperation in Avantgarden und Gegenwartskunst Ostmitteleuropas “Kultur- und Geschichtswissenschaft“ unter der Leitung von Prof. Dr. Annette Werberger angesiedelt.
Iryna Kovalenko forscht an dem Unterprojekt "Schauplätze der Intervention: Der Euromajdan und die postsozialistischen Protestbewegungen".
Kooperationspartner:
Seed Money-Projekt der EUV und des MWFK Brandenburg
(Prof. Werberger/Prof. Schoor)
Beschreibung:
Im Projekt wird eine über viele Jahrhunderte gewachsene und gelebte Kompetenz europäischer Juden in den Mittelpunkt gerückt: die Fähigkeit, sich in einer sozial, ethnisch und religiös diversifizierten Nachbarschaft über Grenzverhandlungen Autonomie und Handlungsmacht zu bewahren.Die hierzu gebündelten kulturhistorischen und literaturwissenschaftlichen methodischen Ansätze kommen aus der Imperiums- und Netzwerkforschung, den Grenzstudien sowie der Global- und Verflechtungsgeschichte. Die durch Mehrfachzugehörigkeit entstandene jüdische Kompetenz wird im Projekt zunächst über die Untersuchung eines literarischen, visuellen, ethnographischen und historischen Korpus als kulturelles Phänomen Mittel- und Osteuropas aufgezeigt, um anschließend dann den Einsatz dieser Fähigkeit nach Migration oder im Exil in Westeuropa oder Übersee zu verfolgen.
Der Fokus auf diese ostmitteleuropäisch-jüdischen Erfahrungsressourcen hilft einerseits Transkulturalität im Blick auf die Postcolonial Studies zu europäisieren und andererseits die jüdische Kultur als ein Beispiel für europäische kulturelle Verflechtungsgeschichte zu verstehen.
Projektteam:
Kirsten Möller, M.A.
Franziska Wilke, M.A.
Jonathan-Rafael Balling, M.A.
Arbeitskreis für Jüdische Literaturen Berlin-Brandenburg am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Beschreibung:
Der Arbeitskreis für jüdische Literaturen Berlin-Brandenburg widment sich der Vielfalt jüdischer Literaturen in den Sprachkulturen der Welt. Das Interesse soll dabei nicht nur auf zentrale Texte der Weltliteratur gerichtet sein, sondern im weiteren Sinne auf Wortkunstwerke, in denen wesentliche Herausforderungen einer jeweiligen Gegenwart verhandelt werden. Der Arbeitskreis wird in diesem Sinne auch die Bedeutung genuin literaturwissenschaftlicher Zugriffe für kulturhistorische Fragestellungen diskutieren. Jüdische Literaturen eröffnen durch ihre künstlerische Verfasstheit plurale Zugänge zu Repräsentationen von Geschichtserfahrungen wie sozialem Wissen, die auch auch im breiteren Feld der Jüdischen Studien theoretisch wie methodisch wirksam gemacht werden können. Damit ist der Arbeitskreis literaturwissenschaftlich ausgerichtet, eröffnet aber darüber hinaus Perspektiven für andere disziplinäre Sichtweisen.
Initiatorinnen:
Prof. Dr. Kerstin Schoor, Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Prof. Dr. Annette Werberger, Literaturwissenschaft (Osteuropäische Literaturen), Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Prof. Dr. Susanne Zepp, Literaturwissenschaft (Spanisch, Portugiesisch, Französisch), Freie Universität Berlin