Veranstaltungen der Chiellino-Forschungsstelle
Konferenzen/Workshops
Deutschsprachige und jüdische Kulturen in Mitteleuropa. Kulturelle, literarische und sprachliche Wechselwirkungen im regionalen, nationalen und transnationalen Kontext. Organisiert im Rahmen des vom DAAD geförderten Programms „Germanistische Institutspartnerschaften weltweit“ (GIP), vom 10.–12. Juli 2024 an der Babeș-Bolyai-Universität Cluj-Napoca
Vom 10.–12. Juli 2024.
Sie finden in dieser PDF das Programm der Jahrestagung.
Diskussionsforum Migration
Interkulturelle Literatur, Gastarbeiterliteratur, Migrantenliteratur – bereits diese unbefriedigenden Versuche, eine treffende Bezeichnung zu finden, spiegeln die Vielschichtigkeit eines literarischen Phänomens, das heute zum festen Bestandteil einer grenzüberschreitenden europäischen Literatur geworden ist. Solche Vielschichtigkeiten auszuloten, ohne althergebrachte Grenzen einer nationalistischen Kanonisierung neu zu errichten, ist eines der Ziele des offenen Diskussionsforums Bewegtes Europa, das die Axel Springer-Stiftungsprofessur für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration seit dem WS 2012/13 an der Europa-Universität Viadrina veranstaltet. Dabei geht es auch darum, die Perspektiven unterschiedlicher Fachtraditionen zusammenzuführen und in produktiver Weise miteinander ins Gespräch zu bringen. Das Offene Forum Migration und Literatur bietet daher Interessierten aller Fachrichtungen die Möglichkeit, aktuelle Forschungsaspekte kennenzulernen und in einen Austausch mit internationalen Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Migrationsforschung zu treten.
Lesereihe Zwischen()Welten
Die deutschsprachige Gegenwartsliteratur ist nicht erst seit dem durchschlagenden Erfolg von Autorinnen und Autoren wie Olga Grjasnowa (Der Russe ist einer der Birken liebt), Wladimir Kaminer (Russendisko) oder Yoko Tawada (Etüden im Schnee) ein europäisches Phänomen geworden. Die Erfahrungswelten der Migration, der Flucht und der Interkulturalität haben sich ihr so fest eingeschrieben, dass sie ohne gar nicht mehr denkbar wäre. Doch gerade durch die Internationalisierung, durch das ständige Überschreiten und Beschreiten von sprachlichen, nationalen und gefühlten Grenzen, ist diese Literatur so spannend. Denn ihr gelingt es, nicht nur gut und unterhaltend zu erzählen, sondern zugleich zentrale Problemfelder unserer Gegenwartsgesellschaft anzugehen und in der literarischen Texten eigenen, oft hochdifferenzierten Art und Weise analytisch zu durchdringen. So sind die Texte von Grjasnowa, Kaminer, Tawada, aber auch von Abbas Khider (Der falsche Inder), Irena Brežná (Die undankbare Fremde) oder Doron Rabinovici (Andernorts) immer auch Arbeit an der Gegenwart, Kunst und Politik zugleich. Sie verdeutlichen, was so viele Menschen heute erfahren müssen, nämlich zwischen den Welten und Kulturen zu leben.
Seit 2013 veranstaltet die Axel Springer-Stiftungsprofessur für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration an der Europa-Universität Viadrina daher regelmäßig öffentliche Lesungen, zu denen bereits viele der genannten Autorinnen und Autoren eingeladen werden konnten. Dabei hat sich die Spannbreite der ausgewählten Themen und somit auch der eingeladenen Autorinnen und Autoren der Lesereihe unter der Überschrift „Zwischen()Welten – Deutschsprachige Literatur der Gegenwart“ vergrößert. Fokussierte sich die Lesereihe in ihren Anfängen zunächst auf die sogenannte „Migrationsliteratur“, also Literatur, die nicht in der eigentlichen Muttersprache verfasst wird, haben wir das thematische Spektrum mittlerweile markant erweitert. Aspekte wie Vertreibung, Flucht und andere mitteleuropäische Schicksale des 20. Jahrhunderts sind hinzugekommen, denn sie lassen sich nicht minder als Erfahrungen des Dazwischen und der Grenze lesen und verstehen.
Koordination: Prof. Dr. Ievgeniia Voloshchuk
Eröffnung der neuen Forschungsstelle
„Ein neues Gedächtnis, das gleichsam unter den Worten einwandert“ (Schmitz) – Zur Eröffnung der Chiellino-Forschungsstelle für Literatur und Migration an der Europa-Universität Viadrina
Als Stimme einer Generation von Einwandern hat Prof. Dr. Carmine Gino Chiellino Geschichte geschrieben: In der Rolle des Autors und Herausgebers veröffentlichte er zahlreiche Werke, während er gleichzeitig ein Leben lang die Bücher gleichgesinnter Autoren und Autorinnen sammelte. Am 10. Juli 2018 war der Dichter und Literaturwissenschaftler zu Gast an der Europa-Universität Viadrina, um die Übergabe seiner Bibliothek an die neue „Chiellino-Forschungsstelle für Literatur und Migration“ feierlich zu begehen.
Weder ein einfacher akademischer Weg noch eine ehrenvolle poetische Karriere war für Chiellino vorhergesehen, wie Prof. Dr. Dr. h. c. Walter Schmitz von der Technischen Universität Dresden in seiner Festrede auf den Autor erklärte. Dennoch verlieh Chiellino wie kein anderer der komplexen Erfahrung der Einwanderung von ‚Gastarbeitern‘ wie auch Intellektuellen eine Sprache. Dabei sei insbesondere das Wechselspiel von poetischer und vernunftgeleiteter Kreativität prägend für die Arbeiten von Carmine Gino Chiellino gewesen, wie Schmitz hinzufügte.
Prof. Dr. Carmine Gino Chiellinos Wirken als Dichter wie als Wissenschaftler für die Entstehung einer interkulturellen Literatur in deutscher Sprache wurde auch von Prof. Dr. Kerstin Schoor beim Festakt zur Eröffnung der Forschungsstelle hervorgehoben. Der Axel-Springer Stiftungslehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration empfinde es als eine Ehre, nicht nur der neu am Lehrstuhl begründeten Forschungsstelle seinen Namen zu verleihen, sondern auch die von Prof. Chiellino über Jahrzehnte aufgebaute Bibliothek zu Fragen von Migration und Literatur der Forschungsstelle integrieren zu können. „Ihr Wirken auf dem Feld der interkulturellen Literatur war beispiellos“, dankte Prof. Dr. Schoor dem anwesenden Ehrengast. „Ihre Bibliothek hat ihren Weg zu uns gefunden. Die rund 1.000 Bände Primär- und Sekundärliteratur der vom Lehrstuhl neu eingerichteten Chiellino-Bibliothek befinden sich nun in einem Raum im Postgebäude, wo wir drei Arbeitsplätze eingerichtet haben.“ Prof. Dr. Schoor dankte ebenfalls den Spenderinnen und Spendern, dem Viadrina-Emeritus Prof. Dr. Alexander von Brünneck, Frau Dr. Sylvia Döscher, Herrn Klaus Eberhard Engel, Herrn Georg Kirschniok-Schmidt, Frau Jutta Metzler, Frau Ute Netzel sowie der Kulturwissenschaftlichen Fakultät für ihre großzügige finanzielle Unterstützung.
Dass seine persönliche Bibliothek nun ab sofort als Präsenzbibliothek am anderen Ende der Republik steht, stört den Augsburger nicht. Im Gegenteil: „Ich bin beeindruckt von der stilvollen Anordnung der Werke“, äußerte sich Carmine Gino Chiellino beim ersten Anblick der Sammlung, die neben umfangreichen Archivmaterialien jetzt ihren Ort an der Europa-Universität Viadrina gefunden hat.
Die Chiellino-Forschungsstelle ist weiterhin auf Spenden angewiesen! Informationen über Spendenmöglichkeiten erhalten Sie in der Broschüre der Chiellino-Forschungsstelle auf der Lehrstuhl-Website sowie über das Sekretariat der Axel-Springer Stiftungsprofessur für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration: Elke Lange, Tel.: 0335 5534 2724, Email: elange@europa-uni.de